Jeder kennt diese Situationen, die einem alles abverlangen. Manchmal kommen sie überraschend, manchmal wissen wir schon vorher, dass es nicht einfach sein wird. Oder wir beginnen eine Aufgabe und merken erst dann, welche Herausforderungen diese Aufgabe mit sich bringt und dass wir – vielleicht – ein wenig mehr geben sollten als erwartet.
Was bedeutet es, einer Herausforderung zu begegnen?
Das dürfte für jede:n anders aussehen. Während es der einen Person leicht fällt, ein künstlerisch ansprechendes Bild zu malen oder ein Instrument zu erlernen, fällt es anderen Menschen schwer. Die gleiche Aufgabe wird zu einer Herausforderung.
In meinem Leben habe ich vielen, zum Teil sehr unterschiedlichen Herausforderungen gegenüber gestanden. Schon oft habe ich den Satz gehört: „Wie du es nur schaffst, A und B unter einen Hut zu bekommen.“, oder „Hut ab, wie du das alles trotz der Schwierigkeiten X und Y meisterst.“, oder „Du bist eine Kämpferin.“ Den letzten Satz habe ich lange hinterfragt, denn ich habe es nie so empfunden, aber es stimmt. Wenn mir eine Sache wichtig ist, dann bleibe ich am Ball, gebe nicht auf, beiße mich durch, egal wie lange es dauert oder wie schwierig die Aufgabe zu sein scheint.
Der Anspruch, mehr zu geben
Als Studentin hatte ich den Anspruch, Perfektionismus in allen Dingen walten zu lassen, also immer ein wenig mehr zu geben, als es nötig ist. Das ist schon eine Herausforderung für sich. So versuchte ich, alles perfekt durchzuplanen und musste feststellen, dass immer etwas Unerwartetes dazwischen kam, um nur ein Beispiel zu nennen. Mit den Jahren begann ich, mich vom Anspruch des Perfektionismus zu lösen im Bewusstsein der Erfahrung der Unmöglichkeit, diesem Anspruch dauerhaft und in allen Lebensbereichen gerecht zu werden.
Abschied vom Perfektionismus
Wenn ich auf die letzten 14 Jahre zurückblicke, in denen ich als alleinerziehende Mutter meine drei Kinder groß gezogen und gleichzeitig versucht habe, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen, da erledigte ich vieles im Flug, manches nebenbei und das meiste unperfekt. In der Zeit konnte ich die einstmals hohen Ansprüche an mich selbst nur in einem einzigen Punkt ausleben: in dem Versuch, alles zu schaffen, alles irgendwie einigermaßen unter einen Hut zu bekommen. Ohne dass die Kinder leiden, ohne dass der Beruf zu kurz kommt oder andere Aspekte des Lebens. Ein paar Dinge sind in der Zeit dann doch zu kurz gekommen: Zeit für mich, Zeit für Entspannung, Zeit für Freunde, Reisen an ferne Orte und einiges mehr.
Lernen, weniger zu geben
Und so durfte ich lernen, bei vielen Aufgaben immer ein bisschen weniger zu geben als erwartet, damit der Alltag rund läuft, ich ein wenig Zeit für mich rausschinden konnte und meine Energieressourcen nicht zu schnell leer wurden. Ich durfte lernen, bei ehrenamtlichen Tätigkeiten in Kindergarten und Schule nicht gleich „Hier“ zu rufen, wenn es um das Verteilen neuer Aufgaben ging.
Nicht gleich zu springen, wenn jemand – meist kurzfristig – um Unterstützung bat („Kannst du mal schnell einen Kuchen für die Weihnachtsfeier backen?“), sondern zu überlegen, wer sonst noch die Aufgabe übernehmen könnte. Die Dinge, die zu erledigen waren, nicht in höchster Perfektion auszuüben. Stattdessen die Dinge so zu tun, dass das Leben mit drei Kindern rund lief und gut funktionierte.
Der Schritt in die Selbständigkeit
Als mein ältester Sohn von zu Hause auszog, waren auch die beiden jüngeren Kinder aus dem Gröbsten raus und ich hatte insgesamt ein wenig mehr Zeit zur Verfügung. Kurze Zeit nach seinem Auszug begann ich, meine jetzige Selbständigkeit zu planen. Hier habe ich vor dem Start größte Sorgfalt walten lassen, bis ich mir im Klaren darüber geworden war, was ich machen möchte, wo meine Stärken liegen und wie sich eine Selbständigkeit profitabel umsetzen ließe.
Beim Verfassen meines sehr umfangreichen Businessplans überließ ich nichts dem Zufall. Zusätzlich habe ich zwei Weiterbildungen durchlaufen, um mein berufliches Portfolio aufzupolieren und ein gutes Fundament für mein digitales Business zu schaffen.
Herausforderungen? Fantastisch!
Als ich dann in die Selbständigkeit gestartet war, begegneten mir immer wieder Situationen mit neuen, unerwarteten Herausforderungen vielfältiger Art. Übrigens eine Sache, die ich sehr liebe. Herausforderungen stacheln mich an, die bestmögliche Lösung und das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Was dabei unabdingbar ist: der Anspruch, immer auf dem neuesten Kenntnisstand zu sein, mit dem Stand der Technik zu gehen, sich gedanklich immer wieder neu zu orientieren und sich neuen Entwicklungen zu öffnen. Als Scannerpersönlichkeit gehe ich darin vollständig auf und muss ich mich manchmal sogar bremsen.
Perfektionismus ist langweilig
Um noch einmal auf den Perfektionismus zurückzukommen: Aus Erfahrung kann ich sagen, dass es keinen dauerhaften Perfektionismus geben kann. Denn sobald scheinbar ein „perfekter“ Status Quo erreicht ist, entwickeln sich Umstände, Situationen, Menschen und Dinge weiter. Was einmal als perfekt galt, wird dann obsolet, langweilig und verliert zumindest an Aktualität.
Hier gebe ich gerne ein wenig mehr als erwartet
Ein bisschen mehr zu geben, darunter verstehe ich heute für mich, nicht stehen zu bleiben, sich ständig weiterzuentwickeln, Fehlern einen Raum zu geben, aus ihnen neue Erkenntnisse zu gewinnen und neue Wege zu entwickeln.
Sich auf das Unerwartete und Unperfekte einzulassen und das Beste daraus zu schaffen. Um die Ecke zu denken und offen zu bleiben. Solange ich das ausleben kann, gebe ich bei Herausforderungen und auch in anderen Situationen gerne ein wenig mehr als erwartet.
Nachbemerkung:
Von der Herausforderung, diesen Beitrag zu schreiben
Ausgangspunkt für dieses Thema war ein Impulsthema von Anna Koschinski während ihrer Blognacht, die sie seit dem zweiten Lockdown einmal im Monat veranstaltet. Bei diesem Impulsthema sollte es darum gehen, bei welcher Aufgabe der/die Autor:in immer ein wenig mehr gibt als erwartet.
Bisher hatte ich die Blognacht für das Schreiben von Businessthemen genutzt. Dieses Mal wollte ich es einmal mit dem Impulsthema versuchen.
Das Thema, bei welcher Aufgabe ich mehr gebe als erwartet, warf bei mir zunächst ein paar Fragen auf: Ist dieses Thema nicht zu persönlich für mein Corporate Blog? Teile ich zu viele private Dinge? Was ist es denn, wo ich immer ein wenig mehr gebe als erwartet?
Ich entschied mich, die Herausforderung anzunehmen und den Artikel zu verfassen. Dabei persönlich, aber nicht privat zu schreiben. Es fällt mir noch schwer, mich als Person zu zeigen in der Online-Welt, ohne zu viel von mir preiszugeben. Aber es ist wichtig, um den Besucher:innen meiner Website als Person greifbar zu werden. Und eine Gratwanderung. Danke, liebe Anna, für diesen herausfordernden Schreibimpuls.
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- Das Thema, das der Titel dieses Textes vorgibt, ist ein Impuls von Anna Koschinski für die letzte Blognacht des Jahres 2021. Anna lädt einmal im Monat zur #Blognacht ein, um online gemeinsam mit verschiedenen Teilnehmer:innnen an einem von ihr vorgeschlagenen Impulsthema oder eigenen, mitgebrachten Themen zu schreiben.
- Wenn du mehr über mich erfahren möchtest, lies gerne den Beitrag „Marias Fun Facts“
- Das Foto wurde erstellt von Christian Chan.
Super! Ganz toll der Artikel! Sehr authentisch, weil auch persönlich. Ich bekomme Lust auf mehr!
Danke, dass dir mein Artikel gefällt. Da kommt ganz sicher noch mehr. 🙂